NX650 Dominator 1984 (manual, not a warning)

Alles was nicht in die anderen Technikforen reinpaßt
Benutzeravatar
scrambler
Site Admin
Beiträge: 8240
Registriert: Fr Sep 14, 2012 8:50 am

NX650 Dominator 1984 (manual, not a warning)

Beitrag von scrambler »

Hallo Zusammen,

vermutlich prägen einen die Motorräder der Jugend und bei mir waren das Enduros. Diese Fahrzeuggattung wurde mit der Mitte der 70er Jahre vorgestellten Yamaha XT 500 auch in Europa populär. Im Gegensatz zu den Scramblern der 60er waren Enduros deutlich mehr auf Geländebetrieb ausgelegt, konnten aber dank viertakt-Motoren und vollwertiger (naja, soweit das 6V können) Lichtanlage auch auf längeren Asphalt Strecken gefahren werden. Damit war die XT das ideale Fernreisemobil, das fortan mit großem Tank von Generationen von Fernreisenden um den Globus getrieben wurde. Selbst Zeitschriften hubraumstarker Strassenmotorräder kamen nicht mehr ohne Reiseberichte aus.
Enduro Test 1984_2.jpg
Die XT500 wurde ein Verkaufserfolg, der noch durch die Siege bei den ersten beiden Auflagen der Rallye Paris-Dakar beflügelt wurde. Als Folge kamen eine Vielzahl weiterer Enduros auf den Markt, z.B. Suzuki SP370, DR250/DR400, Kawasaki KLX250 oder Honda XL250/XL500 – bei BMW rettete die R80GS sogar die Motorradsparte, die sich anfangs der Achtziger in einer schweren Absatzkrise befand. Keine kam aber an die Absatzzahlen der XT500 heran.

1983 zündeten die Enduros die nächste Evolutionsstufe. Sie erhielten 600ccm, Scheibenbremse vorne und Zentralfederbeine aus dem Motocross. Vorreiter waren die XL600R, deren Motor dann fast unverändert für die Dominator übernommen wurde und die XT600 Tenere. Wiederrum hatte Yamaha das bessere Gespür, die Tenere wurde wie ihr Vorgänger legendär, während die XL600 nie deren Verkaufszahlen erreichen sollte. Besonders unverständlich: Honda hatte 1982 die Paris-Dakar gewonnen, nutzte das aber in der Werbung nicht konsequent aus. Ein Sondermodell, die XL600 Paris-Dakar https://www.motorcyclespecs.co.za/Galle ... 0%2001.jpg wurde in Deutschland garnicht erst angeboten.

1984 kamen noch die DR600 und die Kawasaki KLR600 hinzu – und ich hatte endlich den Motorradführerschein in der Tasche. Auch wenn ich als Schüler mangels D-Mark erstmal auf eine 600er verzichten musste – im Freundeskreis wurden die Vorzüge und Nachteile der einzelnen Modelle heiß diskutiert. Die DR galt allgemein als sehr hochbeinig und nicht besonders starwillig – was alle mit nicht gerade mit Gardemaß gesegneten doch nachhaltig abschreckte. Die XL600R galt ebenfalls als startunwillig und noch dazu als durchzugsschwach mit häufigem Plopp-und-aus unterhalb 3000 U/min. Auch wenn ab 1985 mit längerem Hub und kleineren Ventilen etwas Besserung eintrat - der Ruf war schon nachhaltig ruiniert. Die KLR600 wurde im Allgemeinen sehr positiv aufgenommen, vor allem die ab 1985 angebotene E-Start Version … was für mich allerdings in einem Desaster endete. Über den Titel des gleichnamigen Buches machten sich 18 jährige 1984 keine Gedanken – heute muss man feststellen, das Neusprech oder Gedankenverbrechen keine reine Utopie mehr sind … aber lassen wir das.

So sahen sie aus, die Protagonisten im Jahr 1984. Damals erkannte man die Marken schon an ihrer Farbe – Yamahas waren weiss, Hondas rot und Kawasaki grün. Nur Suzuki verzichtete auf das Gelb. E-Start hatte übrigens keine. Damit kommen wir zum Thema meines Umbaus - aus der Dominator eine Enduro zu machen, wie sie 1984 ausgesehen hätte. Allerdings mit einer Ausnahme – Elektrostarter muss sein, schließlich wird niemand jünger.

Enduro Test 1984.jpg
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
sauve qui peut
Benutzeravatar
scrambler
Site Admin
Beiträge: 8240
Registriert: Fr Sep 14, 2012 8:50 am

Re: NX650 Dominator 1984 (manual, not a warning)

Beitrag von scrambler »

Ein echter 88er NX650 Dominator Rahmen (d.h. auch mit 88er EZ ) im seltenen PB198 neoblue lag schon seit Jahrzehnten in der Scheune. Fahrgestellnummer RD02- 50038xx - eine der ersten NX650, die in Deutschland verkauft wurden.

Bild

Eigentlich wollte ich ihn irgendwann einmal zum Austausch des schon reichlich ramponierten Rahmens meiner Domi verwenden. Nun bin ich allerdings unverhofft an einen praktisch neuwertigen Motor gekommen viewtopic.php?f=8&t=1991. Außerdem hatte ich vor zwei Wochen erfahren, das mein TüV Prüfer bereits im März 2021 in Rente geht :oops: Daher wird nun nichts von dem von der obersten Führung vorgeschriebenen Corona Aussitzen auf dem Sofa - wenn ich noch eine NX650 Enduro zugelassen bekommen will dann muss es bis März sein. Und weil ich auch noch die black bomber fertigstellen will muss die Enduro noch diesen Monat fahrbereit sein :roll:

Kurz vor dem entscheidenden Einsatz der Flex - Tank- und Verkleidungshalter müssen weg.

Bild

Auch ohne Zeitdruck hätte ich den gut erhaltenen originalen Lack erhalten. Daher werden nur die Flexstellen ausgebessert. Allerdings hatte ich zuerst das dunklere PB192 florida blue erwischt und konnte dann gleich noch mal lackieren.

Bild
sauve qui peut
Benutzeravatar
scrambler
Site Admin
Beiträge: 8240
Registriert: Fr Sep 14, 2012 8:50 am

Re: NX650 Dominator 1984 (manual, not a warning)

Beitrag von scrambler »

Hochzeit - das schwere Trumm von Motor wird gekippt und von rechts mm genau in den Rahmen gewuchtet. Leider kein Bild ;)

Vorne mit einem Montierhebel den Motor etwas hochgedrückt, dann kann die vordere Rahmenhalterung montiert werden.

Bild

Hinten ebenfalls den Motor etwas anheben, dann kann der Bolzen durchgeschoben werden. Damit wäre das Schwierigste schon geschafft.
Nicht mal Zeit zum Reinigen des Rahmens gehabt.

Bild

Die anderen Bolzen gehen dann leicht.

Bild

Einen überholten (viewtopic.php?f=8&t=986) Vergaser hatte ich im Lager, bei der Montage des Ansaugstutzens nehme ich statt der Inbus die Honda Sechskantschrauben mit kleinem M5 Kopf - die lassen sich viel leichten demontieren. Beim unteren Inbus rutscht man beim Lösen leicht ab und ruiniert ihn.

Bild

Noch die Ölleitungen der Dominator montiert (siehe viewtopic.php?f=8&t=184&start=10) und der Einbau des Motors wäre abgeschlossen.

Bild
sauve qui peut
Benutzeravatar
scrambler
Site Admin
Beiträge: 8240
Registriert: Fr Sep 14, 2012 8:50 am

Re: NX650 Dominator 1984 (manual, not a warning)

Beitrag von scrambler »

Bei aller Eile habe ich keine Lust, die Schwinge später noch mal zum Beschichten auszubauen, daher hatte ich vor 2 Wochen die Schwinge zu Menze zum Pulverbeschichten geschickt viewtopic.php?f=23&t=2039 - und kam gestern bereits wieder zurück :D

Bild

Die gußeiseren Umlenkungen hätte ich ebenfalls zum Beschichten geben können - mache ich aber ungern, weil die vielen Lager zeitaufwendig gut abgedichtet werden müssen. Sonst werden sie durch eindringenden Strahlstaub ruiniert. Und die Sonderlager 17,5mm sind schweineteuer - mal abgesehen davon, das ein Austausch für den Hobbybastler (ohne hydraulische Presse) kaum möglich ist.

Bild

Daher wurden die teile nur entfettet und anschließend mit Zinkstaub und dem accurate silver lackiert. Übrigens: die Schmiernippel der 88er Version sind auch nicht ohne Tücken - zuviel Fett drückt die Dichtringe raus.

Bild

An eine 80er Jahre Enduro gehört eigentlich unbedingt ein WhitePower Federbein - fast durchweg waren die damals serienmässig verbauten Stossdämpfer viel zu weich. Leider bekommt man ein WP Federbein für die NX650 Dominator nicht so auf die schnelle - mal ganz abgesehen davon, das einem sowas heutzutage niemand mehr überholt. Ausserdem dürfte die die Nennung von WhitePower in einem Forum gleich irgendwo auf der Welt such-algorithmen zum rattern bringen .... 1984 läßt grüßen :roll: . Also lieber ein politisch korrektes YSS Federbein gekauft - für 300€ bekommt man neben der Dämpfungsverstellung auch noch eine Höhenverstellung und sogar eine ABE viewtopic.php?f=23&t=1117. Nur die Farbe paßt nicht.

Bild

Leider hat die Schwinge nach dem Anziehen der Bolzen ein spürbares Höhenspiel - die Umlenkung war also doch schon ausgelutscht. Fürs erste muss das aber so bleiben, bis ich guten gebrauchten Ersatz gefunden habe.

Bild
sauve qui peut
Benutzeravatar
scrambler
Site Admin
Beiträge: 8240
Registriert: Fr Sep 14, 2012 8:50 am

Re: NX650 Dominator 1984 (manual, not a warning)

Beitrag von scrambler »

Da die Gabel zum Austausch der Dichtungen sowieso zerlegt werden mußte bekamen die Tauchrohre gleich ein make-over. Alle überflüssigen Halter für den tiefliegenden Dominator Kotflügel (1984 hätte man das bei einer Enduro für Unsinn gehalten :) ) und die Gabelverkleidung wurden abgeschliffen.

Bild

Die Gabelbrücken stammen von der XL600R, weil diese auch unten aus Aluminium ist und oben nicht diese wabbeligen Gummi-Lenkerhalter wie bei der NX650 hat. Schließlich sind Einzylinderfahrer ja nicht vom Stamme der Empfindlichen (O-Ton Klacks). Eigentlich braucht man die Gummilager nicht, selbst bei 130km/h sind die Vibrationen nicht störend.

Die Gabelteile hätte man auch pulver beschichten können - allerdings scheinen die hohen Einbrenn Temperaturen das Alu weicher zu machen. Jedenfalls konnte ich bei einer beschichteten Gabelbrücke die Schrauben nicht mit dem vorgeschriebenen Moment anziehen, die Klemmung hat sich einfach immer weiter verzogen.

Nicht nur deswegen wurden die Gabelteile zum Glasperlenstrahlen geschickt, ebenfalls zu Menze.

Bild

Und kamen vorgestern zurück ;) Wie bei gestrahlten Teilen üblich sind sie sehr hell (auf dem Bild sehen sie viel dunkler aus) und vor allem sehr schmutzempfindlich. Doch da gibt es einen Trick: die Gabelteile in die Spülmaschine packen und mit einem Spülmaschinentab durchspülen. Dadurch wird die Oberfläche gleichmäßig an geätzt, dunkler und glatter. So behandelt lässt sich das Alu leicht reinigen. Das Innere der Tauchrohre wurde - wie schon beim Strahlen - durch Gummipfropfen geschützt.

Bild

Im Zubehör gibt es diese praktischen kleinen Tuben Gabelfett.

Bild

Dann noch ein neue Lager - die im Zubehör angebotenen Lagersätze beinhalten meist eine zu große Dichtscheibe. Ich nehme aber sowieso lieber eine originale Honda Dichtung, denn durch den sehr heiß werdenden Rahmeöltank läuft das Lagerfett schnell aus.

Bild
sauve qui peut
HRC

Re: NX650 Dominator 1984 (manual, not a warning)

Beitrag von HRC »

Also lieber ein politisch korrektes YSS Federbein gekauft - für 300€ bekommt man neben der Dämpfungsverstellung auch noch eine Höhenverstellung und sogar eine ABE viewtopic.php?f=23&t=1117. Nur die Farbe paßt nicht.
Für die passende Farbe hättest Du dann wohl zum Wilbers greifen müssen. ;)

P.S.: die ehemals niederländische, mittlerweile österreichische, Fahrwerksfirma heißt schon seit 1991 WP Suspensions. Vielleicht war ihnen ja selbst aufgefallen, dass der ursprüngliche Namen Scheiße war...
Der_Dicke82
Beiträge: 135
Registriert: Mo Feb 18, 2019 6:10 pm

Re: NX650 Dominator 1984 (manual, not a warning)

Beitrag von Der_Dicke82 »

Cool, ein neuer Umbauthread mit reichlich Bilder, auch wenn ich keine große Domi habe, wird hier fleißig mitgelesen.

Gruß, Stefan
daleipi
Beiträge: 754
Registriert: Sa Dez 08, 2018 5:18 pm

Re: NX650 Dominator 1984 (manual, not a warning)

Beitrag von daleipi »

Toll. Danke!

hast Du neue Gleit-/Führungsringe - oder wie die Dinger heißen - verbaut?
Benutzeravatar
scrambler
Site Admin
Beiträge: 8240
Registriert: Fr Sep 14, 2012 8:50 am

Re: NX650 Dominator 1984 (manual, not a warning)

Beitrag von scrambler »

HRC hat geschrieben: Mi Dez 02, 2020 9:22 am P.S.: die ehemals niederländische, mittlerweile österreichische, Fahrwerksfirma heißt schon seit 1991 WP Suspensions. Vielleicht war ihnen ja selbst aufgefallen, dass der ursprüngliche Namen Scheiße war...
Der hat sich einfach nix dabei gedacht, ist außerdem als niederländer unverdächtig und damals waren amerikanische Befindlichkeiten noch nicht so omnipräsent. Heute sind wir da viel weiter - da muss man auf dem laufenden bleiben, was noch erlaubt ist und was nicht. z.B. ist das OK Zeichen neuerdings auch ein nogo, weil es angeblich auch WP bedeuten kann .... :shock:
sauve qui peut
Benutzeravatar
scrambler
Site Admin
Beiträge: 8240
Registriert: Fr Sep 14, 2012 8:50 am

Re: NX650 Dominator 1984 (manual, not a warning)

Beitrag von scrambler »

daleipi hat geschrieben: Mi Dez 02, 2020 11:31 am Toll. Danke!

hast Du neue Gleit-/Führungsringe - oder wie die Dinger heißen - verbaut?
Nein, die Gleitbuchsen sind eigentlich nie verschlissen (Zerlegung Gabel NX650 siehe viewtopic.php?f=23&t=1672)

Die Baugruppe Gabel wäre damit fertig. Komplettiert wird sie mit einer roten Bremszange, die ursprünglich an meiner NiX-MOTO viewtopic.php?f=11&t=110&hilit=nix+moto&start=20 dran war.

Bild

Bei der Bremsleitung möchte ich die Verlegung ala XR600 (sorry HRC :roll: ) zur genauen Längenbestimmung einen Dummy als alten Bremsleitungen und einem Alurohr gebaut.
Das natur Alu ohne Lack sieht schön nach Rallyegabel aus :)

Bild

Ein Alu Lenker war in den achtzigern ein masthäffle - abundzu findet man noch einen Arrow oder Acerbis mit dem begehrten TüV Label.

Bild
sauve qui peut
Antworten