Jungfernfahrt mit der Gummikuh in die Provence (1978) - 50 Jahre Touren durch Europa (4)

Zeigt her Eure Hondas - ob auf Island oder im Sauerland
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nabu kudurri usur
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Re: Jungfernfahrt mit der Gummikuh in die Provence (1978) - 50 Jahre Touren durch Europa (4)

Beitrag von nabu kudurri usur »

Mit Mühe und Not orteten wir im schwindenden Tageslicht endlich ein akzeptables Hotel. Es lag im Ortskern von Rians und hieß „Hostellerie de l’Esplanade“. Hier gab es einen Luxus, den wir schon lange vermisst hatten: ein sauberes Etagenbad, das zur hemmungslosen Benutzung förmlich einlud. Als regelrechter Volltreffer erwies sich das Haus aber aus einem ganz anderen Grund: Die Köchin war eine uralte Oma, die ihr Metier meisterlich beherrschte. Von ihrem Daube Provencal (Schmorfleisch) schwärmen wir jedenfalls noch 43 Jahre später.

Der folgende Tag begrüßte uns mit herrlichem Wetter. Zügig schraubten wir uns weiter in die französischen Voralpen hinein und stießen bei Moustiers auf den Verdon, dessen gewundenem Lauf wir bis Castellane folgten. Die unendliche tiefe Schlucht, die der kleine Fluss im Laufe der Jahrtausende geschaffen hatte, bot einen wahrhaft spektakulären Anblick.
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ἀλλ' εἰ χεῖρας ἔχον βόες <ἵπποι τ'> ἠὲ λέοντες
ἢ γράψαι χείρεσσι καὶ ἔργα τελεῖν ἅπερ ἄνδρες,
ἵπποι μέν θ' ἵπποισι, βόες δέ τε βουσὶν ὁμοίας
καί <κε> θεῶν ἰδέας ἔγραφον καὶ σώματ' ἐποίουν
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nabu kudurri usur
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Re: Jungfernfahrt mit der Gummikuh in die Provence (1978) - 50 Jahre Touren durch Europa (4)

Beitrag von nabu kudurri usur »

In Castellane tranken wir Kaffee und bogen nach Westen ab. Die Fahrt führte uns entlang der Route Napoleon bis nach Malijai und dann über die Durance hinweg auf das Plateau de Christol. Da es langsam Abend wurde, hielten wir nach einer passenden Unterkunft Ausschau. Sie fand sich in einem kleinen Ort namens Banon. Das Hotel „Les Voyageurs“ besaß angenehme Zimmer und einen attraktiven Speisesaal, den wir müde und hungrig aufsuchten. Während des Abendessens überfiel mich ein heftiger philosophischer Anfall. Ich dozierte über die quälenden Fragen des Lebens: das Weltall, seine Unendlichkeit und die Unmöglichkeit, das Wort Existenz in seiner Bedeutung zu begreifen. Ich erlegte mir keinerlei Hemmungen auf, denn unsere einzigen Nachbarn in Hörweite sprachen ja Französisch – jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, als sie gezahlt hatten und uns in bestem Hochdeutsch „Gute Nacht“ wünschten. Sie waren Urlauber wie wir und hatten wahrscheinlich jedes einzelne Wort verstanden. Mir war das unendlich peinlich.
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nabu kudurri usur
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Re: Jungfernfahrt mit der Gummikuh in die Provence (1978) - 50 Jahre Touren durch Europa (4)

Beitrag von nabu kudurri usur »

Um diesen Schreck zu verdauen, nahmen wir einen Absacker in der benachbarten Bar. Nach dem zweiten Glas bekamen wir Besuch. Ein Mittvierziger begab sich zu uns und brachte die Sprache auf meinen Boxer. Gerührt über so viel Interesse ließen wir ihn Platz nehmen und beantworteten seine Fragen nach dem Woher und Wohin. Der Bursche war sehr charmant und kannte sich im Umgang mit dem anderen Geschlecht offenbar bestens aus. Jedenfalls startete er schon bald eine erdrückende Offensive südländischen Charmes. Sigrid registrierte sie mit der Gelassenheit einer Frau, die schon wesentlich bessere Angebote erhalten - und abgelehnt hatte: Sie lächelte sybillinisch. Am nächsten Tag sahen wir ihn wieder. Er stand auf dem Marktplatz und verkaufte Gemüse. Daher also stammte sein versierter Umgang mit dem schönen Geschlecht.
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Re: Jungfernfahrt mit der Gummikuh in die Provence (1978) - 50 Jahre Touren durch Europa (4)

Beitrag von nabu kudurri usur »

Am nächsten Morgen musste ich tanken. Dabei quoll die Tankdeckeldichtung auf und war nicht mehr in Form zu bringen. Unser nächstes Zwischenziel stand damit fest: der BMW-Händler von Tulette, einem kleinen Ort, der etwa 20 km nördlich von Orange liegt. Da uns das Wetter wohl gesonnen war, wählten wir die schönste Route aus, die uns die Karte zu bieten hatte. Sie führte über St. Trinit in die malerische Gorges de la Nesque. Bei Carpentras tranken wir Kaffee und sogen wieder einmal die verführerische Atmosphäre des ländlichen Frankreichs in uns auf.
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Re: Jungfernfahrt mit der Gummikuh in die Provence (1978) - 50 Jahre Touren durch Europa (4)

Beitrag von nabu kudurri usur »

Der freundliche BMW-Händler von Tulette konnte uns nicht helfen. Wir nahmen es gefasst zur Kenntnis und hielten Ausschau nach neuen Zielen. Sonnenschein und Entdeckerdrang verführten uns zu einem Abstecher an die malerische Ardeche. Auf einem Campingplatz bei Chames schlugen wir beglückt unser Billigzelt auf und priesen den vorangegangenen Entschluss: Die pittoreske Schlucht war wirklich überwältigend. Eindrucksvoll waren auch der Temperatursturz und der heftige Dauerregen, der uns am nächsten Morgen aus dem Schlaf riss. Betrübt mussten wir erkennen, dass unsere Einfach-Behausung zwar von unten, aber keineswegs auch von oben wasserdicht war. Und da ihr eine Apsis fehlte, unter der man seine Sieben Sachen hätte abstellen können, lagen Helme und andere Ausrüstungsgegenstände völlig ungeschützt im prasselnden Regen herum.

Wir waren zutiefst deprimiert und retteten uns in einen nahen Schnellimbiss. Dort frühstückten wir ausgiebig und versuchten den unangenehmen Zeltabbau so lange wie möglich hinauszuschieben. Nach sechs bis sieben belegten Baguetten und zwei Stunden Kaffeetrinken fiel uns leider nichts mehr ein, was einen weiteren Aufschub hätte begründen können. Also stiefelten wir ergeben in den Regen hinaus und erledigten endlich die unangenehme Arbeit. Einen schaurigen Höhepunkt bildete das Aufsetzen der tropfnassen Helme, deren voll gesogene Futter ekelhaft kalte und feuchte Rinnsale in unsere Nacken entließen.
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Re: Jungfernfahrt mit der Gummikuh in die Provence (1978) - 50 Jahre Touren durch Europa (4)

Beitrag von nabu kudurri usur »

Der Himmel stellte eine klare Prognose: Trocken würde es so schnell nicht wieder werden. Missmutig stiegen wir in unsere Regenpellen und nahmen die engen Sträßchen des Massif Central unter die Räder. Unser Kurs führte über Vallon, Aubenas und Tournon wieder in das Rhonetal. Von Lyon aus wählten wir die Route Nationale 83 in Richtung Besancon. Dabei froren wir ganz erbärmlich. Trotzdem mochten wir keine Aufwärmpausen einlegen. Wer entert schon gern ein Lokal in voller Regenmontur, zieht seine Klamotten unter den mitleidigen Blicken der insgeheim amüsierten Gäste umständlich aus, um sich 20 Minuten später ebenso mühsam wieder anzukleiden. Am Ende vergaß man sowieso den Zündschlüssel in der Hosentasche und durfte die halbe Prozedur wiederholen. Und saß man dann endlich auf dem Moped, sorgte der vereinnahmte Kaffee dafür, dass man zügig aufs Töpfchen musste und das ganze Spiel von vorne begann. Als Ergebnis solcher Überlegungen blieben wir dort, wo wir bereits waren: auf unserer BMW - und froren weiter. Darunter litt auch die Moral: Ich neidete den vorausfahrenden Autofahrern ihren trockenen Unterschlupf und stellte mir ganz ungeniert vor, im Handstreich ihren Platz zu erobern. Ich bin mir ganz sicher, Sigrid erging es ebenso.
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Re: Jungfernfahrt mit der Gummikuh in die Provence (1978) - 50 Jahre Touren durch Europa (4)

Beitrag von nabu kudurri usur »

In dieser kläglichen Verfassung schafften wir es bis nach Clerval und stiegen im „Hotel de la Paix“ ab, einer Bruchbude mit angeschlossenem Restaurant, die wir von früheren Reisen her kannten und fürchteten. Es passte zum Tagesablauf, dass ich eine „unmögliche Bedienung“ in meine Reisenotizen eintrug. Dem Schlaf war das nicht abträglich. Am nächsten Morgen stiegen wir tapfer wieder auf unseren fahrbaren Untersatz und trotzten heldenhaft dem unvermindert anhaltenden Regen. Im Schwarzwald war er so stark, dass sich trotz unserer guten Ausrüstung Handschuhe, Stiefel und Lederhosen voll sogen. Am frühen Abend trudelten wir endlich in Tübingen ein. Wir hatten 2.400 km in den vergangenen acht Tagen zurückgelegt und waren froh darüber, dass sie hinter uns lagen – und dass wenigstens hier die Sonne schien.
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Re: Jungfernfahrt mit der Gummikuh in die Provence (1978) - 50 Jahre Touren durch Europa (4)

Beitrag von nabu kudurri usur »

Ungefähre Route

1. Hinfahrt: http://maps.google.de/maps?f=d&source=s ... .51123&z=6

2. Rückfahrt

http://maps.google.de/maps?f=d&source=s ... e=UTF8&z=6


Das wars. Frohe Ostern, liebe Freunde!
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daleipi
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Re: Jungfernfahrt mit der Gummikuh in die Provence (1978) - 50 Jahre Touren durch Europa (4)

Beitrag von daleipi »

download/file.php?id=10112&mode=view

ist ja ein Bericht über's Motorrad. ABER: damals gab es noch echte Autos mit schön gestalteten Formen ;)
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250oz
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Re: Jungfernfahrt mit der Gummikuh in die Provence (1978) - 50 Jahre Touren durch Europa (4)

Beitrag von 250oz »

Hallo Wolf-Ingo,
Danke fürs wieder Mitnehmen in die 70er.
Sehr amüsant zu lesen.

Viele Grüße
Chris
Hauptsache 2 Räder und eine Kette :D
oder ein Riemen
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