Nur mal schnell Ventile einstellen bei Janet Weiss

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nabu kudurri usur
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Nur mal schnell Ventile einstellen bei Janet Weiss

Beitrag von nabu kudurri usur »

Wer von den Domis oder den Zweiventil-Boxern kommt, für den ist das Einstellen der Ventile keine große Sache. Legt er sich dann aber mal eine Vierventil - K 100 RS von 1990 zu, dann hat er wirklich gut zu tun und viel zu löhnen. Um an die 16 Tassenstößel zu kommen, müssen zwei Nockenwellen, eine Steuerkette und diverse Motordeckel entfernt werden. Sind dann noch 11 Tassenstößel á 24 € fällig, dann freut sich der Besitzer, wenn er durch Umstecken nur noch sieben neue Stößel kaufen muss. Wie gut, dass er das selber machen kann. In einer Werkstatt würden jetzt wohl 500 € für die Aktion fällig.

Solche Investitionssummen dürften der Grund dafür sein, dass "Flying Bricks", die jahrzehntelang in der Garage des Erstbesitzers standen, keineswegs immer in einem technisch optimalen Zustand sind. Alle drei meiner BMW-Kohlenkästen habe ich zwischen 2015 und 2018 von den Erstbesitzern gekauft. Dabei handelte es sich um wohlsituierte Herren gesetzteren Alters, die es wohl kaum gewöhnt waren, einen Schraubenschlüssel in die Hand nehmen. Man hatte das Geld, um sich eine Werkstatt leisten zu können. Das ist OK so und nicht zu kritisieren.

Die Servicehefte aller drei Bricks zeigen ein einheitliches Bild: Die erste Dekade wird das Fahrzeug vom Eigentümer liebevoll gehegt und regelmäßig in der BMW-Vertragswerkstatt gepflegt. In der zweiten Dekade erfolgt dann der Wechsel zu einem Hinterhofbetrieb, in dem meist nur noch der alljährliche Flüssigkeitswechsel vollzogen wird. Nach den Ventilen schaut keiner mehr. Warum auch? Die Karre läuft ja. Warum also der gierigen Vertragswerkstatt Geld in den Rachen werfen? Bis in der dritten Dekade dann - im Falle meiner "Janet Weiss" - die Ventile auf der Dosenbahn durchbrennen und man der jahrelang schnöde missachteten BMW-Vertragswerkstatt einen vierstelligen Betrag für die Reparatur löhnen darf. Das hätte der Herr Erstbesitzer billiger haben können, wenn - ja wenn - er in den vorangegangenen 52.000 km mal nach den Ventilen gesehen hätte!

Grüße vom schraubenden Großkönig
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ἢ γράψαι χείρεσσι καὶ ἔργα τελεῖν ἅπερ ἄνδρες,
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nabu kudurri usur
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Re: Nur mal schnell Ventile einstellen bei Janet Weiss

Beitrag von nabu kudurri usur »

gerne, lieber Herbert! Der Verkäufer des Typenschilds hätte mich beinahe verhauen, nachdem ich ihm mein Vorhaben erklärt hatte. Er sah darin so eine Art Denkmalschändung - zu Lasten der DäDäÄrr, versteht sich. Gottseidank verlief die Unterhaltung virtuell. Für die Bezeichnung "Broiler" habe ich mich entschieden, weil meine Knie beim Fahren immer so schön gebraten werden.

Grüßle

Wolf-Ingo
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nabu kudurri usur
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Re: Nur mal schnell Ventile einstellen bei Janet Weiss

Beitrag von nabu kudurri usur »

Gut, wenn man eine Micrometerschraube zur Verfügung hat und alle 16 Tassenstößel sorgfältig nachmisst. 15 Stößel sind absolut maßhaltig, einer aber tanzt aus der Reihe. Er trägt die herstellerseitige Bezeichnung 2,85 mm, tatsächlich ist er jedoch nur 2,80 mm dick. Warum nur? Es könnte natürlich im Verlauf der Jahre einiges Material abgetragen worden sein. Aber exakt fünf Hundertstel? Ich vermute eher, dass dem Hersteller seinerzeit ein Stößel vor der Kennzeichnung einfach in die falsche Kiste gerutscht ist. Das ist nicht weiter tragisch, wenn man selber nachmisst und die ausgebauten Stößel sorgfältig denjenigen Ventilen zuordnet, von denen sie entnommen wurden. Wenn nicht, gibt's nach dem späteren Wiedereinbau runde Augen und die große Frage, warum sich das gemessene Spiel so verrückt verhält. Die Essenz von der Geschicht'? Man sollte nichts und niemandem glauben auf dieser Welt, sondern alles überprüfen....

Angesichts des Umstands, dass das mein 600. Beitrag in diesem Forum ist, gewinnt meine Erkenntnis natürlich ein ganz besonderes Gewicht... :-)
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Bernix
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Re: Nur mal schnell Ventile einstellen bei Janet Weiss

Beitrag von Bernix »

Hallo Wolf-Ingo,

bei einem unserer Kunden in der Erdbebenzone steht ein Brick-Sondermodell.
Ich glaube das war die Ausführung "Lochziegel" !
Ist wohl günstig abzugeben.

Grüße nach Franken !
Bernd
Brick1.jpg
Brick3.jpg
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nabu kudurri usur
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Re: Nur mal schnell Ventile einstellen bei Janet Weiss

Beitrag von nabu kudurri usur »

Wobei die Antwort auf die Frage, ob die "Sparbüchse" durch eintretendes oder durch austretendes Material entstand, eine durchaus interessante ist...
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Bernix
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Re: Nur mal schnell Ventile einstellen bei Janet Weiss

Beitrag von Bernix »

Laying Brick !
... bei maximaler Schräglage ist das Moped gegen den Randstein gerutscht.

Gruß Bernd
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Nordfriese
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Re: Nur mal schnell Ventile einstellen bei Janet Weiss

Beitrag von Nordfriese »

Ganz klar,
ein Zweiventil-Ziegel ist nur durch äußere Gewalt kaputt zu kriegen!!! :roll: :D
Schottland 2018 284.JPG
Gruß Stefan
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Nordfriese
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Re: Nur mal schnell Ventile einstellen bei Janet Weiss

Beitrag von Nordfriese »

Das Bild entstand im Mai 2018 ca. 25 km nordwestlich von Glasgow, im Nationalpark Loch Lomond and the Trossachs.
Mist! Ich bekomm Fernweh.
Gruß Stefan
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nabu kudurri usur
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Re: Nur mal schnell Ventile einstellen bei Janet Weiss

Beitrag von nabu kudurri usur »

So, der Motor ist jetzt wieder zu; und die hintere Bremszange tut auch wieder, wie sie es soll. Große Probleme bereitete mir das Austreiben der festsitzenden Bremskolben. Mit Pressluft aus meiner Fußluftpumpe habe ich es dann nach einigen vergeblichen Versuchen doch noch geschafft. Ich gehe ernsthaft mit dem Gedanken schwanger, mir auf meine alten Tage hin einen Kompressor zuzulegen. Einen vernünftigen Schlagschrauber hätte ich dann auch endlich zur Verfügung. Gibt's Hinweise, welche Produkte was taugen und was sie kosten? China-Qualität kommt für mich absolut nicht infrage, eine Hypothek aufs Haus aufnehmen, das will ich aber auch nicht.

Nach den Bremsen kam der Hinterachsantrieb an die Reihe. Bei den alten Gummikühen liefen die Kardanwellen im Ölbad. Das hat sich BMW bei den Paralevern gespart. Man meinte in München/Berlin wohl, eine einmalige Fettschmierung reiche für ein Motorradleben völlig aus. In den Lastenheften zur Inspektion taucht die Schmierung der betreffenden Verzahnungen jedenfalls nicht auf. Werkstattgepflegte Töffs sind daher in dieser Beziehung mit einiger Vorsicht zu genießen. Im Falle meiner Janet hat das 2009 zur Erneuerung der Kardanwelle geführt (Teilekosten heute rund 650 Öcken)

Demgemäß salbe ich alle drei bis vier Jahre die Kardanwellen-Verzahnung. Mit großer Verblüffung habe ich dabei heute bemerkt, dass die Wellen bei zwei identischen Motorradmodellen doch etwas unterschiedlich ausfallen kann. Sogar in der Länge! Da Kreuzgelenk und Welle ineinander verschiebbar sind, gleicht sich das am Ende aber wieder alles aus. Trotzdem irgendwie seltsam.

Ach ja, die Verzahnung der Roten Zora wurde von mir bereits mit Staburgas geschmiert, bei Janet steht das noch aus. Deren Welle steht übrigens auf einer Mutter, damit man die Verzahnung sieht. Ohne unterlegte Mutter verschwände die Welle hinter der Rippe, auf die sie eigentlich aufgelegt werden sollte, wenn sie nur lang genug wäre.
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Re: Nur mal schnell Ventile einstellen bei Janet Weiss

Beitrag von nabu kudurri usur »

So, da steht sie wieder komplett angezogen in meiner Werkstatt, die Janet Weiss. Über eine Woche lang habe ich für sie das komplette Wohlfühlprogramm abgespult. Alles tut wieder, wie es soll. Nur auf das hintere Bremssystem kriege ich keinen Druck aufgebaut. Macht aber nix, denn ich wollte sowieso zu Saisonbeginn 2020 beim Freundlichen meines Vertrauens die Bremsflüssigkeit wechseln lassen. So'n ABS-System braucht halt etwas mehr Ausrüstung, als ich im Moment dahabe.

Das war's. Hinweise zu brauch- und bezahlbaren Kompressoren werden immer noch gern entgegengenommen!
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