Klingonen über Cannstatt

Eure Zweitmotorräder und alles, was sonst nirgends reinpaßt
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nabu kudurri usur
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Klingonen über Cannstatt

Beitrag von nabu kudurri usur »

Ich war schon an manch düsterem Ort, aber der Zeltplatz von Cannstatt ist was für Feinschmecker: Die Schokoladenseite, der Bereich für die Autofahrer, fällt nicht weiter auf. Das enge Reservat für die Biker und Fußgänger aber schon. Im Süden sorgt die nahe B 10 für Leben in der Bude, im Norden und Osten tut es die Teststrecke von Daimler-Benz. Deren übermannshohe Betonfundamente werden zu allem Überfluss noch gekrönt von verrostetem Stacheldraht. Man zeltet am Fuße dieser Konstruktion und hofft wenigstens auf nette Nachbarschaft. Sofern vorhanden, geht diese leider aber wieder am nächsten Tag. Wer länger bleibt, ist leicht auszumachen: Er hat meist eine ausgemergelte Gestalt, vermeidet jeden Blickkontakt und grüßt keinesfalls zurück. Den Vogel schießt eine spindeldürre junge Frau ab: Sie umrundet gesenkten Hauptes mit schleppendem Gang mehrmals täglich in Zeitlupenbewegung den Platz und schaut niemals auf. Am dritten Abend tat sie mir schließlich so leid, dass ich sie fragte, ob man ihr helfen könne. Mit teilnahmsloser Miene und tonloser Stimme versicherte sie, es gehe ihr gut. Nach dieser Begebenheit legte ich mich vor mein Zelt und suchte Trost im Trollinger. Nach der dritten Flasche gewann ich urplötzlich Klarheit: Über mir, das waren keine Wolken. Die regelmäßigen Formen verrieten den Klingonen-Kreuzer und darüber hinaus die traurige Tatsache, dass meine bedauernswerten Nachbarn im Laufe ihres Aufenthalts allmählich zu willenlosen Zombies der gruseligen Aliens dort oben geworden waren. Mit den kläglichen Resten meiner Spirituosen suchte ich sofort das Zelt auf und verließ am frühen Morgen des folgenden Tags eilends den Platz. Ein Hoch auf den Trollinger, der mich diese verborgenen Zusammenhänge erkennen ließ und mir half, meine geistige Gesundheit zu bewahren.

P.S.: Komme gerade vom Rasenmähen aus dem Garten und werde unversehens an eine alte Sache erinnert: Als ich vor elf Jahren nach einem schweren Motorradunfall im Krankenhaus lag, ist eine unserer Nachbarinnen eigens unter unser Schlafzimmerfenster gelaufen und hat triumphierend gesungen: "Sigrid, dein Mann ist vom Motorrad gefallen!" Meine Frau glaubt an ausgleichende Gerechtigkeit und meinte später nur trocken, es sei ein schwerer Fehler, sich über anderer Menschen Unglück zu freuen, denn schlechte Wünsche könnten leicht auf einen selbst zurückfallen. Heute habe ich das Früchtchen nach längerer Pause wieder einmal im Garten nebenan gesehen. Den handtellergroßen blutroten Abschürfungen nach zu schließen, ist es bei knackigem Tempo vom Fahrrad gefallen. Ich hab natürlich keinerlei Schadenfreude empfunden, denn es soll ja ein schwerer Fehler sein....
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Zuletzt geändert von nabu kudurri usur am Mi Okt 22, 2014 2:35 pm, insgesamt 1-mal geändert.
ἀλλ' εἰ χεῖρας ἔχον βόες <ἵπποι τ'> ἠὲ λέοντες
ἢ γράψαι χείρεσσι καὶ ἔργα τελεῖν ἅπερ ἄνδρες,
ἵπποι μέν θ' ἵπποισι, βόες δέ τε βουσὶν ὁμοίας
καί <κε> θεῶν ἰδέας ἔγραφον καὶ σώματ' ἐποίουν
τοιαῦθ', οἷόν περ καὐτοὶ δέμας εἶχον <ἕκαστοι>.
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scrambler
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Re: Klingonen über Cannstatt

Beitrag von scrambler »

nabu kudurri usur hat geschrieben: Komme gerade vom Rasenmähen aus dem Garten und werde unversehens an eine alte Sache erinnert: Als ich vor elf Jahren nach einem schweren Motorradunfall im Krankenhaus lag, ist eine unserer Nachbarinnen eigens unter unser Schlafzimmerfenster gelaufen und hat triumphierend gesungen: "Sigrid, dein Mann ist vom Motorrad gefallen!" Meine Frau glaubt an ausgleichende Gerechtigkeit und meinte später nur trocken, es sei ein schwerer Fehler, sich über anderer Menschen Unglück zu freuen, denn schlechte Wünsche könnten leicht auf einen selbst zurückfallen. Heute habe ich das Früchtchen nach längerer Pause wieder einmal im Garten nebenan gesehen. Den handtellergroßen blutroten Abschürfungen nach zu schließen, ist es bei knackigem Tempo vom Fahrrad gefallen. Ich hab natürlich keinerlei Schadenfreude empfunden, denn es soll ja ein schwerer Fehler sein....
Wilhelm Busch hat geschrieben:Die Reiter machen viel Vergnügen, besonders wenn sie drunten liegen.
;) ;)


Das über unserer BW Hauptstadt ein Klingonen-Raumschiff schwebt, wundert mich nicht - anders läßt sich unser in Zeitlupentempo sprechende MP ("des ... isch ... eine ... tolle ... Sache") auch nicht erklären :lol:
sauve qui peut
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nabu kudurri usur
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Re: Klingonen über Cannstatt

Beitrag von nabu kudurri usur »

Diese Schwaben sind einfach zum Fürchten. Was die alles fertigkriegen, da braucht der Rest der Menschheit ein komplettes Erdzeitalter für. Hochdeutsch können sie nicht, aber das hier schon:

http://www.gmx.net/themen/lifestyle/leb ... t.770.1657

Respekt!
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τοιαῦθ', οἷόν περ καὐτοὶ δέμας εἶχον <ἕκαστοι>.
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scrambler
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Re: Klingonen über Cannstatt

Beitrag von scrambler »

nabu kudurri usur hat geschrieben:Diese Schwaben sind einfach zum Fürchten. Was die alles fertigkriegen, da braucht der Rest der Menschheit ein komplettes Erdzeitalter für. Hochdeutsch können sie nicht, aber das hier schon:

http://www.gmx.net/themen/lifestyle/leb ... t.770.1657

Respekt!

ja, das glaube ich dir, das dir das gefällt ;) testosterongesteuerter Blödsinn hat eben in der Uni-stadt tradition - genau wie dieses Event hier, das ich mir letzte Woche angeschaut habe. Als siebenmaliger teilnehmer fällt es mir immer noch schwer, da einfach nur zuzuschauen und nocht mitzumachen - aber man muss wissen, wann man den jüngeren die Stange überläßt ;)

http://www.tagblatt.de/Home/videos/vide ... ,2637.html
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nabu kudurri usur
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Re: Klingonen über Cannstatt

Beitrag von nabu kudurri usur »

Wahnsinn! Da hab ich 25 Jahre lang in Trübingen gewohnt, aber das Stocherkahnrennen hab ich mir nie angeguckt. Hätt ich mal tun sollen. Ein Formel 1-Rennen ist ja ein Dreck dagegen!
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nabu kudurri usur
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Re: Klingonen über Cannstatt

Beitrag von nabu kudurri usur »

nabu kudurri usur hat geschrieben: Als ich vor elf Jahren nach einem schweren Motorradunfall im Krankenhaus lag, ist eine unserer Nachbarinnen eigens unter unser Schlafzimmerfenster gelaufen und hat triumphierend gesungen: "Sigrid, dein Mann ist vom Motorrad gefallen!" Meine Frau glaubt an ausgleichende Gerechtigkeit und meinte später nur trocken, es sei ein schwerer Fehler, sich über anderer Menschen Unglück zu freuen, denn schlechte Wünsche könnten leicht auf einen selbst zurückfallen. Heute habe ich das Früchtchen nach längerer Pause wieder einmal im Garten nebenan gesehen. Den handtellergroßen blutroten Abschürfungen nach zu schließen, ist es bei knackigem Tempo vom Fahrrad gefallen. Ich hab natürlich keinerlei Schadenfreude empfunden, denn es soll ja ein schwerer Fehler sein....
Soeben kam die Nachricht vom Tod des Mannes der Nachbarin: Unfall. So langsam wird's gruselig...
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Re: Klingonen über Cannstatt

Beitrag von nabu kudurri usur »

Enola Gay hat geschrieben: Du solltest 'sicherstellen' dass nicht jemand in deiner unmittelbaren Nachbarschaft in seiner Freizeit Strohpuppen bastelt - und vielleicht auch noch mit 'glühenden Nadeln' hantiert ... :twisted:
Würde der Beschreibung nach am ehesten auf die Nachbarin passen, aber die wird's in diesem Fall wohl kaum gewesen sein...
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nabu kudurri usur
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Re: Klingonen über Cannstatt

Beitrag von nabu kudurri usur »

Was gibt es 2021 Neues? Nach sieben Jahren mühsamer Trauma-Arbeit beim örtlichen Therapeuten überwand ich mich, den schrecklichen Ort Cannstatt erneut aufzusuchen. Die Reise hatte einen therapeutischen Zweck: Ich will meiner angeschlagenen Psyche klarmachen, dass die Klingonen längst wieder weg sind - und keinerlei Gefahr mehr droht. Als ich mit meiner Domi am letzten Donnerstag eintrudele, kann ich nichts auffälliges bemerken. Na also denke ich, alles in Butter. Und dann sehe ich den langhaarigen Typ, der vor seinem Zelt steht und laute Volksreden in Richtung des Zeltinneren hält. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches, denke ich. Schließlich halte auch ich gelegentlich längere wissenschaftliche Monologe vor meiner Frau, die anfangs geduldig zuhört, nach spätestens einer halben Stunde aber entnervt abwinkt und flugs den Raum verlässt. Dann stoppe ich meinen Monolog sofort. Man(n) ist ja sensibel. Dem Typ auf dem Zeltplatz scheint dieses Schicksal erspart zu bleiben. Seine Stimme schwillt auf- und ab. Er ereifert sich und wird dabei immer lauter. Offenbar befindet er sich sich in einem fruchtbaren Dialog mit seinem Gegenüber. Bald will ich wissen, wem die Suada des wortgewaltigen Zeltbesitzers gilt: Ich werfe eine Blick in das offene Zelt und pralle entsetzt zurück. Es ist leer!!!! Oh Gott. Die Klingonen sind immer noch da. Der Typ kann sie sehen, ich aber nicht. Eilends packe ich meine Klamotten zusammen und flüchte aus diesem verfluchten Ort. Hierhin kehre ich niemals zurück! Warum nur können die Klingonen Cannstatt nicht in Ruhe lassen? Vielleicht kann mir das mein Psych in den kommenden sechs Jahren verklickern.

Bleibt gesund und meidet Cannstatt

Wolf-Ingo
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250oz
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Re: Klingonen über Cannstatt

Beitrag von 250oz »

Hallo Wolf-Ingo,
diese Entwicklung kann ich nur bestätigen. In Cannstatt am Bahnhof treiben sie
sich tagsüber rum, ich steige dort um, wenn ich zur Arbeit fahre. Ich gebe dir
Bescheid, wenn sie weniger werden. ;)

Grüße
Chris
Hauptsache 2 Räder und eine Kette :D
oder ein Riemen
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