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Re: Kaiser Pauls Vermächtnis: nach Avila (1978)

Verfasst: Mo Jan 01, 2018 6:15 pm
von nabu kudurri usur
Die folgenden Tage durchstreifen wir Cordoba und Umgebung. Die Stadt ist einfach überwältigend. Wir besichtigen die Mezquita-Moschee, die fromme Banausen im 16. Jahrhundert architektonisch wüst geschändet haben. Von Kaiser Karl V ist überliefert, dass er drei Dinge bereut haben soll. Zwei davon waren: (1.) dass er Luther am Leben ließ und (2.) dass er katholischen Fanatikern erlaubte, die Architektur der drittgrößte Moschee der Welt durch den Einbau einer Kirche nachhaltig zu beschädigen. Über ersteres kann man geteilter Meinung sein; im zweiten Fall hat der Mann sicher recht! Ich besteige den hohen Kirchturm und werde von Höhenangst geplagt. Sigrid dagegen sagt, sie bewundere meinen Mut. Das baut einen Mann doch auf! Ehrlich gesagt, schien sie mir von der Höhe deutlich weniger beeindruckt.

Re: Kaiser Pauls Vermächtnis: nach Avila (1978)

Verfasst: Mo Jan 01, 2018 6:16 pm
von nabu kudurri usur
Während wir arglos die Stadt durchstreifen und über die römische Brücke schlendern, die den Rio Guadalqivir überspannt, werden unsere Fressalien und unsere Nierengürtel aus dem Tankrucksack geklaut. Es sollte der einzige Diebstahl in 46 Jahren Motorrad-Tourismus bleiben.

Re: Kaiser Pauls Vermächtnis: nach Avila (1978)

Verfasst: Mo Jan 01, 2018 6:17 pm
von nabu kudurri usur
Eindrucksvoll ist Almodovar del Rio, das sich 10 Kilometer westlich von Cordoba erhebt. Ursprünglich hieß das Castillo Al Mudawar und war maurischen Ursprungs. Von seinen Zinnen hat man einen grandiosen Blick über die weite Ebene des Guadalquivir. Hier hätte beinahe mein Leben geendet: Die Besichtigung überlebe ich nur denkbar knapp, weil der Guide nichts von überflüssigen Warnungen hält. Ganz oben, in Höhe des Dachs, schickt er uns aus dem gleisenden Sonnenlicht in das Innere eines lichtlosen Turms. Ich stehe ganz vorn in der kleinen Gruppe und werde zum raschen Eintreten gedrängt. Unser Führer bleibt draußen stehen. Misstrauisch, wie ich bin, mache ich nur wenige Schritte vorwärts. Und das ist gut so! Einige Meter weiter klafft ein rundes Loch im Fußboden, durch das es geschätzte 20 Meter in die Tiefe geht. Keinerlei Absperrung sichert den Ort. Wie uns der Fremdenführer erklärt, wurden hier früher die Gefangenen abgeseilt. Danke, gütiges Schicksal!

https://de.wikipedia.org/wiki/Castillo_ ... l_R%C3%ADo

Re: Kaiser Pauls Vermächtnis: nach Avila (1978)

Verfasst: Mo Jan 01, 2018 6:17 pm
von nabu kudurri usur
Auf der Rückfahrt passieren wir ein riesiges Wasserschöpfrad, das noch aus den Zeiten der Mauren stammt.

Re: Kaiser Pauls Vermächtnis: nach Avila (1978)

Verfasst: Mo Jan 01, 2018 6:19 pm
von nabu kudurri usur
Eigentlich reicht es jetzt: Wir sind bis oben hin satt abgefüllt mit Reiseeindrücken. Eins geht aber noch! Morgens packen wir unseren Kram zusammen und verlegen nach Granada. Passenderweise heißt der Platz „El Ultimo“, an dem wir mittags unser Zelt aufschlagen.

http://www.camping.de/en/sites/europe/s ... timo/pp/7/

Nachmittags durcheilen wir den Alhambra-Palast. Es ist jetzt mehr ein Abhaken des letzten Reiseziels als eine inspirierende Besichtigung. Da müssen wir nochmals hin!

Re: Kaiser Pauls Vermächtnis: nach Avila (1978)

Verfasst: Mo Jan 01, 2018 6:19 pm
von nabu kudurri usur
Jipieh! Nach über drei wunderschönen Wochen auf Achse geht es wieder zurück. Wir durchqueren Andalusien und die Mancha entlang der Strecke Jaén-Ubeda-Albacete-Requena. Bei Valencia stoßen wir auf die Mittelmeerküste. Als altem Lateiner ist es mir ein besonderes Vergnügen, unterhalb der alten Stadtmauern von Sagunt nächtigen zu dürfen. Hier begann im Jahre 218 v. Chr. der Zweite Punische Krieg, die älteren unter uns erinnern sich! Weniger vergnüglich ist, dass ich bei der Abfahrt am folgenden Tag meine Goldrandbrille auf dem Tresen des Campingplatzes vergessen werde. Der Rest der Reise besteht im Kilometerfressen auf der Autobahn. Bei San Carlos de la Rapita nervt uns starker Seitenwind; bei Perpignan toben Waldbrände; im Rhonetal behindert uns starker Mistral. Je nördlicher wir dann kommen, umso kälter wird es. Die BMW ist nur noch mühsam zu starten. Die Zündung muss dringend eingestellt werden. Ich muss das mal lernen! Vorerst will ich mich damit begnügen, die Karre wieder vom Reisedreck zu befreien. Mehr Zeit habe ich nicht. Jetzt wartet nämlich dröger volkswirtschaftlicher Lernstoff auf mich. Ich will ja noch was werden, nachdem ich dem Tod in Almodovar so knapp von der Schippe gesprungen bin.

Re: Kaiser Pauls Vermächtnis: nach Avila (1978)

Verfasst: Mo Jan 01, 2018 6:20 pm
von nabu kudurri usur
ENDE DER GESCHICHTE
Konstruktive Kommentare im Forum willkommen; Moralprediger und Oberlehrer bitte ich um einen handschriftlichen Brief, vorzugsweise auf weichem Toilettenpapier! Für die mäßige Bildqualität bitte ich um Nachsicht. Eine Pocket ist halt leider keine Kleinbildkamera.

Re: Kaiser Pauls Vermächtnis: nach Avila (1978)

Verfasst: Mo Jan 01, 2018 10:27 pm
von boomerang
Das hat Spaß gemacht zum lesen!
Danke für die Mühe das alles hier zu schreiben.

Re: Kaiser Pauls Vermächtnis: nach Avila (1978)

Verfasst: Di Jan 02, 2018 2:11 pm
von nabu kudurri usur
Danke für die wohlwollenden Kommentare, liebe Freunde! Klar, Herbert, habe ich die Gummikuh noch! Mittlweile besitzt sie einen erstarkten Motor und eine runderneuerte Technik. Nach 170.000 gemeinsamen Kilometern war das mal fällig. Den Boxer verkaufen? Niemals!!!! Auch Dir und den anderen Foristi ein gesundes, glückliches und unfallfreies Jahr 2018

wünscht

Wolf-Ingo